„Irgendwie den Corona-Winter überstehen“

„Irgendwie den Corona-Winter überstehen“

20. November 2020 8 Von Sonja Mersch

Schwierige Zeiten erlebt Denise Drange zurzeit mit ihrer Petite Papeterie am Laubenweg 11: Die Corona-Verordnungen stellen ihren kleinen Laden seit März auf eine harte Probe – und die Lösung, die sie sich ausgedacht hatte, ist ihr buchstäblich um die Ohren geflogen: Pavillons vor der Tür sind nicht mit dem Denkmalschutz vereinbar – und offenbar auch nicht unbedingt sturmfest. Nun gibt es aber einen Kompromiss mit der Margarethe Krupp-Stiftung: Für die Dauer der Corona-Zeit darf zumindest auf der rechten Seite vor dem Geschäft wieder ein Pavillon aufgebaut werden.

Corona erlaubt nur zwei Kunden im Laden

Gerade mal eineinhalb Jahre ist es her, seit Denise Drange in das neue Ladenlokal gezogen ist: Ein schöner, frisch renovierter Verkaufsraum mit Lottotheke, Zeitschriftenwand, einem Regal für Schulsachen und jeder Menge Platz für Kleinkram. Ein Geschäft zum Stöbern, ein kleiner Treffpunkt. Aber dann kam Corona. Und seitdem läuft vieles anders. Die kleine Papeterie musste zwar zu keinem Zeitpunkt schließen, auch im ersten Lockdown im Frühjahr nicht. Aber: „Im Laden dürfen sich außer dem Personal nur noch zwei Kunden gleichzeitig aufhalten“, erklärt Denise Drange. Das liege an der geringen Quadratmeterzahl des Raums. Und das, erklärt sie, sei tatsächlich ein Problem.

Rückstau und lange Wartezeiten

Mit Klebepunkten auf dem Boden und entsprechenden Hinweisschildern hatte sie anfangs noch gehofft, alle Schutzverordnungen einhalten zu können. „Aber das hat leider nicht so gut geklappt“, sagt sie. Tatsächlich habe sich immer wieder ein großer Rückstau gebildet, wenn zwei Kunden im Geschäft waren und sich dort ein bisschen länger aufhielten – etwa, um Schulsachen zu kaufen oder ein kleines Geschenk auszusuchen. „Wer dann nur eine Briefmarke brauchte, musste manchmal 20 Minuten draußen warten“, erzählt Denise Drange. Ungeduld und Unmut waren oft die Folge. „Nur, wenn wir zusätzlich an der Tür bedienen, können wir einen reibungslosen Ablauf gewährleisten.“

Und nicht nur für die Kunden sei der Außenverkauf die bessere Lösung, sagt Denise Drange: Ihr würden sonst diejenigen Käufer verloren gehen, die gar nichts Bestimmtes wollen, sondern erst beim Stöbern fündig werden: Mal kurz reinspringen, ein Magazin entdecken, spontan kaufen – das mache einen großen Teil ihres Umsatzes aus, sei aber seit Corona eben nicht mehr möglich.

Draußen-Verkauf sichert Existenz

„Also haben wir angefangen, einige Sachen draußen aufzubauen“, erklärt Denise Drange. Zunächst nur auf Tischen – im Sommer kein Problem. „Kurz vor dem Schulanfang brauchten wir dann zum ersten Mal eine Überdachtung. Bei einem Unwetter wären wir sonst komplett abgesoffen“, so die Inhaberin. Seit der Herbst da ist mit seinem stürmisch-regnerischen Wetter, gab es dauerhaft Pavillons vor dem Drange-Laden: einen großen, schwarzen vor dem Eingang, um die Menschen in der Warteschlange trocken zu halten. Und drei kleinere weiße mit Tischen, auf denen Waren aufgebaut waren – Zeitschriften und Süßigkeiten für Kinder etwa, aber auch die wachsende Zahl an DHL-Paketen.

Nicht jedem gefielen die vielen Zelte auf dem Vorplatz der Petite Papeterie. Gerüchte machten gar die Runde, dass die Inhaberin ihren Laden dauerhaft erweitern wolle. Was viele jedoch nicht wussten: Die Lösung gefiel der Inhaberin selbst am allerwenigsten. Ihr sei vollkommen klar gewesen, dass das vielen Anwohnern ästhetisch ein Dorn im Auge war, sagt Denise Drange. Doch sie hätte sich nicht anders zu helfen gewusst: „Wir müssen doch irgendwie durch den Corona-Winter kommen“, sagt sie.

Sturm zerstört aufwändige Weihnachtsdeko

Um die Zeltlösung wenigstens ein bisschen schön zu gestalten, hatte Denise Drange vor einigen Wochen viel Zeit und Mühe investiert, um mit Tanne und Lichterketten eine vorweihnachtliche Atmosphäre zu zaubern: 18 LED-Lichterketten, zahlreiche Kugeln und ein Mini-Tannenbaum schufen tatsächlich so etwas wie Weihnachtsmarkt-Feeling am Laubenweg. „Ich wollte in diesen Zeiten gerne ein bisschen harmonische Stimmung verbreiten“, sagt sie.

Doch der Lichterzauber hielt nicht lange: Am vergangenen Wochenende rissen Sturm und starke Regenschauer die Pavillons um. „Alles kaputt“, sagt Denise Drange traurig, während sie tags darauf Tannenzweige und Weihnachtskugeln aufsammelt. Die Zelte müsse sie nun neu anschaffen – eine teure Investition für sie. Aber genauso wie vorher darf sie ihren Außenverkauf sowieso nicht wieder aufbauen: Auf der Margarethenhöhe hat bekanntlich der Denkmalschutz ein Wörtchen mitzureden – die bisherige Lösung sei nicht in Ordnung gewesen, erzählt Denise Drange nach einem Gespräch mit der Margarethe Krupp-Stiftung. Doch es gibt einen Kompromiss.

Kompromiss – Inhaberin hofft auf Verständnis

„Wir unterstützen unsere Gewerbetreibenden, so gut es geht, und sehen uns als Partner und Vermittler“, sagt Jochen Biefang von der MKS. „Aber gewisse Spielregeln müssen natürlich eingehalten werden.“ Für die Dauer der Corona-Zeit versuche die MKS daher, einen Außenverkauf übergangsweise mitzutragen und gleichzeitig ein Auge darauf zu haben, dass das Ganze ästhetisch im Rahmen bleibe. Konkret bedeutet das für Denise Drange: Ein neues Zelt vor der eigenen Eingangstür darf sie wieder aufstellen, und bis Weihnachten zusätzlich eines vor dem großen Erkerfenster. Links soll es künftig keine Pavillons mehr geben. „Das ist nicht die Traumlösung, aber es wird schon gehen“, sagt sie.

Sie hofft insbesondere auf das Verständnis derjenigen, die ihre Pavillons eine optische Zumutung finden. „Es macht mich traurig, dass so viel gemeckert wird“, sagt sie. Sie würde sich ja selbst wünschen, dass alles wieder normal laufe, sie die Zelte abbauen und alle Kunden wieder im Geschäft begrüßen könnte. Sie arbeite seit dem Frühjahr gut 60 Stunden die Woche, hätte kaum Urlaub – aber sie habe keine Wahl, sagt sie: „Wenn wir es nicht so machen, wie wir es jetzt machen, wird Drange den Corona-Winter nicht überstehen.“

Fotos: Tanja Wuschof & Christian Dankbar