Wrede verabschiedet sich
Wenn es jemanden gibt, der seinen Stammplatz auf dem Wochenmarkt der Margarethenhöhe hatte, dann ist das Wrede: Der Obst- und Gemüsehändler hatte mehr als 70 Jahre lang immer mittwochs und samstags seinen Stand auf dem Wochenmarkt. Jetzt gibt Wolfgang Wrede das Marktgeschäft auf: Am 14. August ist er zum letzten Mal hinter seinem Stand auf dem Kleinen Markt anzutreffen.
Marktstand bleibt nicht in Familienhand
„Im Rente bin ich eigentlich schon seit zehn Jahren“, erzählt der 75-Jährige, der in Borbeck wohnt. Das Geschäft hatte er an Schwiegersohn Karsten Jagusch übergeben, die ganze Familie half am Stand mit. Wolfgang Wrede war immer noch dabei, half bei Auf- und Abbau und Verkauf. Dauerhaft übernehmen wollte aber niemand aus seiner Familie den Stand – die fünf Kinder haben andere Berufe. „Das wäre mir natürlich lieber gewesen“, sagt Wolfgang Wrede, der sich jetzt aber auch auf die Zeit im Ruhestand freut: „Ich werde viel mit meinem Hund Chico spazieren gehen“, plant er.
„Früher war der Markt richtig voll“
Schon 1947 war Familie Wrede auf dem Wochenmarkt der Margarethenhöhe vertreten: „Meine Tante wohnte damals im Sonnenblick und hatte einen Stand auf dem Markt“, erinnert sich Wolfgang Wrede. Zwei Jahre später, 1949, kamen seine Eltern aus Borbeck mit ihrem eigenen Stand auf den Kleinen Markt – er selbst war drei Jahre alt. „Damals sah es hier ganz anders aus“, erinnert er sich. „Der Markt war voller Menschen, es gab viele Reihen mit Ständen.“ Allein sieben Obst- und Gemüsehändler habe es gegeben. „Ein Markt lebt ja von der Vielfalt und auch von der Konkurrenz“, ist Wolfgang Wrede überzeugt.
„Das ist kein Beruf, sondern Berufung“
Auf dem Markt hat er mitgeholfen, seit er denken kann. „Als Dreijähriger habe ich im Brunnen gespielt“, erzählt er. Allerdings nicht so, wie es heute noch viele Kinder machen – sondern auch unterirdisch: „Es gab früher eine Pferdetränke am Brunnen, und um den Wasserhahn dafür aufzudrehen, musste man seitlich in einen engen Schacht steigen.“ Das Marktgeschäft seiner Eltern zu übernehmen, sei gar nicht immer sein erklärter Wunsch gewesen, gesteht er. „Ich habe erst anderthalb Jahre bei Siemens gelernt.“ Doch als der Vater krank wurde, wuchs Wolfgang Wrede – einziger Sohn der Familie, drei Schwestern hat er – in den Betrieb hinein und sagt heute: „Ich mache das gern – man muss das gern machen, es ist eigentlich kein Beruf, sondern eine Berufung.“
Arbeitsplatz an der frischen Luft
Am meisten liebt er den Kontakt zu seinen Kunden. „Man erlebt jeden Tag etwas Neues“, sagt er. Außerdem habe er einen sehr gesunden Arbeitsplatz: „Ich bin immer draußen an der frischen Luft – und ich esse das, was ich verkaufe“, sagt er: Viel Obst und Gemüse. Fleisch steht bei Wolfgang Wrede nur selten auf dem Speiseplan. Der 75-Jährige erfreut sich bester Gesundheit und ist überzeugt: „Ich bin selbst die beste Reklame für meine Waren.“
„Ich bin ja nicht aus der Welt“
Was er an seiner Arbeit weniger gemocht habe? „Früher war es die Angst vor dem Winter, inzwischen ist es die Hitze“, erzählt er. „Vor Kälte kann man sich mit warmen Sachen schützen, aber mehr als sich ausziehen kann man bei Hitze nicht.“ Anstrengend sei früher auch die Schlepperei gewesen, als die Marktstände noch mit losen Brettern aufgebaut werden mussten. „Damals habe ich fast fünf Tonnen am Tag geschleppt“, so Wrede. Auch die Buden des Weihnachtsmarktes habe er früher immer aufgebaut. Inzwischen kommen die meisten Händler mit eigenen Verkaufswagen.
Nun endet also Wolfgang Wredes aktive Zeit hinter dem Marktstand. Aber: „Ich bin ja nicht aus der Welt“, sagt er. Als Obmann des Marktes bleibt er der Margarethenhöhe noch eine Weile erhalten, bis ein Nachfolger gefunden ist. „Und Obst und Gemüse wird es weiterhin geben“, sagt er. Nur eben dann mit neuen Gesichtern hinter dem Stand.
Fotos: Tanja Wuschof
Update 14. August 2021: Heute war es soweit: Familie Wrede verabschiedete sich mit Kuchen von ihren Kunden auf dem Kleinen Markt. Im Namen der Bürgerschaft Essen-Margarethenhöhe überreichte Christian Henkes (r.) ein Abschiedsgeschenk.
Fotos: Sonja Mersch
Schade, wieder ein Original weg- und der beste Spargel auch ! Alles Gute für den verdienten Ruhestand!
Auch Du hast den Ruhestand verdient! Genieße die kommende Zeit und halte Dich gesund.
In alter Handballerischer Verbundenheit
Heinz Volkhausen
Ich wünsche Herrn Wrede alles Gute und vor allem gaaanz viel Gesundheit weiterhin. Genießen Sie Ihre Zeit schön mit der Familie.
An Herrn Wrede erinnere ich mich seit meiner Kindheit. Eben ein vertrautes Gesicht vom Markt in Holsterhausen und der Margarethenhöhe seit soooo vielen Jahren. Er wird mir fehlen.
Ich wünsche ihm alles erdenklich Gute und eine lange und feste Gesundheit für seinen mehr als wohlverdienten Ruhestand. Zweimal ist er ja noch auf unserem Markt im Dienst, also bleibt noch eine Gelegenheit für ein Quätschchen.
Vielen Dank an W. Werde. Er war immer sehr hilfsbereit und ansprechbar wenn ein Problem auf dem Weihnachtsmarkt aufgetreten ist. Ich verstehe aber auch seinen Wunsch nach Ruhe. Chico wird sich freuen.