Mehr als nur ein Pferd
Jamaine Prangov kann fast so lange reiten, wie sie laufen kann: Die 18-Jährige wohnt auf der Margarethenhöhe, ihr Herz ist aber meistens woanders: bei Kalle, einem wunderschönen, dunkelbraunen Paint Horse, den sie schon fast ihr ganzes Leben lang kennt. „Das ist nicht einfach ein Pferd“, sagt sie. „Das ist Familie.“ Tatsächlich hat sie Kalle, der eigentlich Rein Cat Olena heißt und einen amerikanischen Vater hat, aber nicht nur zum Liebhaben: Sie reitet Westernturniere mit dem 1,55 großen, gut ausgebildeten Wallach und wurde dieses Jahr mit ihm Rheinland Champion.
„Ehrgeizig bin ich schon“, sagt Jamaine, aber sie lacht dabei. So verbissen sieht sie es auch wieder nicht. Auf Kalle, dem Familienpferd, saß sie das erste Mal mit fünf Jahren, zwei Jahre später ging sie ihr erstes Turnier mit ihm – einen Trail, also einen Parcours im Westernreiten, bei dem der Reiter zum Beispiel Tore öffnen und mit dem Pferd über kleine Brücken und andere Hindernisse gehen muss. Westernpferde wie Kalle zeichnen sich dadurch aus, dass sie kompakt gebaut sind und die Ruhe und Nervenstärke haben, die für eigentlich alle Westendisziplinen nötig ist.
Westernreiten liegt bei Jamaine wohl in der Familie – ihre Mutter und auch ihre Tante kamen früh zu dieser Reitweise, die sich von der klassisch englischen in vielem unterscheidet. Das Offensichtliche ist wohl der Sattel: Er hat eine größere Auflagefläche und ist bequemer als ein klassischer Dressur- oder Springsattel, so Jamaine. Dressur gibt es im Westernreiten übrigens auch, nur heißt sie hier „Pleasure“. Hier wird in allen drei Gangarten – Schritt, Trab, Galopp – geritten, das Pferd soll „an den Hilfen stehen“, wie es in der Reitersprache heißt. Aber: das alles losgelöst vom Zügel, den man bei einem Westernreiter niemals straff gespannt sehen wird. „Dafür muss man ein Gefühl haben“, sagt Jamaine.
Was ein Westernpferd so alles können muss, kennt man meist aus Cowboyfilmen: Galoppieren im engen Zirkel, schnelles Stoppen und Rückwärtsgehen, Rindern den Weg abschneiden. Das Pferd muss also wendig sein, gelassen und gehorsam – was auch bei einem normalen Ausritt von Vorteil ist: „Wenn sich dein Pferd im Gelände erschreckt, sollte es dir ja trotzdem vertrauen und ruhig bleiben“, betont Jamaine. Diese Nervenstärke bringt Kalle mit – das kommt ihm und seiner Reiterin auch auf den Turnieren zugute.
Nachdem sie gemeinsam erste Erfahrungen auf Hofturnieren gesammelt und sich durch Unterricht immer mehr verbessert haben, sind sie inzwischen ein eingeschworenes Team geworden. Seit drei Jahren wagen sich Jamaine und Kalle daher nun auch auf größere Turniere – und sind dort ziemlich erfolgreich: 2017 holten sie einen dritten Platz beim Rheinland-Championat, 2018 jeweils erste Plätze in den Disziplinen Trail und Pleasure. Dieses Jahr schließlich holten sie den Titel Rheinland-Champion im Pleasure. Trotz ihrer Ambitionen – einmal beim CHIO in Aachen zu reiten wäre ihr Traum – ist Reiten aber für Jamaine kein Sport, sondern eine Lebenseinstellung.
Fotos: Tanja Wuschof, Christian Dankbar
Sehr schöner Artikel und tolle Fotos
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