„Es geht um meine Existenz.“
Zuerst waren es nur Gerüchte, inzwischen steht fest: Die Werkstatt von Jens Kallidat muss ab Frühjahr 2020 dem Neubauprojekt der Margarethe Krupp-Stiftung weichen (siehe WAZ-Bericht und mein Interview mit der MKS). Einen neuen Standort gibt es noch nicht – weder auf der Margarethenhöhe, noch im näheren Umkreis. Die MKS hatte für ein Grundstück neben der Feuerwache eine Bauvoranfrage gestellt, eine erste Absage gab es bereits. Nach Widerspruch seitens der MKS prüft das Bauamt die Sache jetzt erneut.
„Es geht um vier Arbeitsplätze und um meine Existenz“, sagt Jens Kallidat klipp und klar. „Das hier ist ein gut laufender Betrieb, der mehrere Generationen ernährt hat. Aber wenn es wieder ein Nein gibt, kann es sein, dass Firma Kallidat die Tore schließen muss.“
Familienbetrieb besteht seit 70 Jahren
Damit würden 70 Jahre Familiengeschichte von der Margarethenhöhe verschwinden. Jens Kallidat führt den Betrieb seit 2008 in dritter Generation. Gegründet wurde er schon 1948 von seinem Urgroßonkel Albert Eickmeier – damals zunächst nur als Werkstatt für Motorräder und kaum größer als eine Garage. Erst später wurde eine Autowerkstatt daraus, außerdem gab es damals noch eine Tankstelle einige Meter weiter Richtung Sommerburgstraße. „Das war die zweite Aral-Tankstelle in Essen“, erzählt Jens Kallidat. Seine Großeltern Hermann und Elisabeth Kallidat führten den Betrieb schließlich weiter und übergaben ihn 1983 an ihren Sohn Jochen Kallidat und seine Frau Anne – Jens Kallidats Eltern.
Ein Blick ins Familienalbum:
„Dieses vertraute Gefühl kennt man nur, wenn man hier lebt“
Dass er in die Fußstapfen von Vater und Großvater treten und die Werkstatt weiterführen würde, war für Jens Kallidat schon klar, seit er als Kind zwischen Hebebühnen und Autoreifen spielte: „Mir hat sich nie die Frage gestellt, etwas anderes zu machen“, sagt er. „Und ich kann mir auch nicht vorstellen, woanders zu arbeiten.“
Sollte kein anderer Standort für die Werkstatt gefunden werden, bleibt ihm allerdings kaum etwas anders übrig – und das schmerzt ihn ebenso wie seine treuen Kunden: „Die Margarethenhöhe ist ein Dorf, jeder kennt jeden. Dieses vertraute Gefühl kennt man wohl nur, wenn man hier lebt“, erklärt Jens Kallidat. Und: „Über 80 Prozent meiner Kunden kommen von der Margarethenhöhe, die Werkstatt ist beliebt und hat einen guten Ruf – sonst wären wir schließlich nicht seit 70 Jahren hier.“
Aus Gerüchten wurde Gewissheit
Niemals habe er damit gerechnet, dass er die Werkstatt aufgeben müsste, sagt er. Jedoch: „Als im Januar 2018 freie Wohnungen am Lehnsgrund nicht neu vermietet wurden, kamen Gerüchte auf“, erzählt er. Da für ihn im Sommer einige teure Neuanschaffungen wie Bremsenprüfstand, Hebebühne und Abgasmessgerät anstanden und zudem der Vertrag mit Bosch um fünf Jahre verlängert werden musste, fragte er vorsichtshalber bei der MKS nach. „Aber ich wurde beruhigt, ich bräuchte mir keine Gedanken zu machen – wenn etwas anstünde, wäre ich der erste, der davon erfahre“, so erinnert Kallidat die Gespräche.
Aus allen Wolken gefallen
Tatsächlich wurden jedoch seine schlimmsten Befürchtungen im Herbst vergangenen Jahres wahr, als ihn die Stiftung über die Neubaupläne informierte. „Da bin ich aus allen Wolken gefallen“, sagt er. „Ich bin immer davon ausgegangen, dass höchstens der Garagenhof abgerissen wird.“ Nicht einmal die Häuserzeile am Lehnsgrund hatte er auf der Rechnung gehabt – schließlich seien dort erst vor kurzem Dach und Hausflure saniert worden. Seine Eltern hatten 50 Jahre lang dort gewohnt, sind jetzt bereits umgezogen.
Bislang kein neuer Standort
Für seine Werkstatt habe es zunächst zwei Ideen gegeben, berichtet Jens Kallidat. „Die MKS hatte ein Grundstück in Holsterhausen gefunden, das ich mir mit meinem Vater auch angesehen habe. Wenn gar nichts anderes gegangen wäre, hätten wir das gemacht. Aber inzwischen ist das Grundstück schon neu vermietet.“ Die andere Option sei eine Fläche neben der Feuerwache gewesen. „Das hätte aus meiner Sicht gut gepasst, man hätte die Werkstatt ja entsprechend bauen können“, so Kallidat. Die Lage wäre sogar besser gewesen als die jetzige, findet er – der Abstand zur Wohnbebauung sei dort sogar größer.
Ein persönliches Gespräch mit Oberbürgermeister Thomas Kufen habe ihm zunächst etwas Hoffnung gegeben. Dennoch kam im März die Absage: Eine Werkstatt füge sich nicht in die Umgebungsbebauung ein und sei daher planungsrechtlich unzulässig (ausführlicher Bericht folgt!). „Ich kann das nicht verstehen und sehe kein Argument, das dagegen spricht“, macht Kallidat seiner Enttäuschung Luft. Widerspruch gegen den Bescheid wurde bereits eingelegt, die Entscheidung soll bis Ende Mai fallen.
Sorge um die vier Mitarbeiter
Wie die Chancen nun stehen, darüber mag Jens Kallidat nicht spekulieren – einen Plan B gibt es noch nicht. „Ich habe zusammen mit der Handwerkskammer Düsseldorf einen Werkstattplan erstellt“, erklärt er. „Mit dem Ergebnis, dass es im Umkreis der Margarethenhöhe zurzeit keine Fläche gibt, die für Neubau, Umbau oder Übernahme einer Werkstatt zur Verfügung steht.“ Und nicht nur um seine eigene, auch um die Zukunft seiner vier Mitarbeiter macht der Chef sich Sorgen – schließlich müssten die auch schauen, wo sie bleiben, wenn im Frühjahr 2020 Schluss sein sollte. „Wir haben ein gutes Arbeitsverhältnis und ich möchte keinen Mitarbeiter gehen lassen oder ihm kündigen müssen.“
In seiner Werkstatt hat Jens Kallidat eine Unterschriftenliste ausliegen – um die 500 Menschen haben dort schon bekundet, dass sie hinter ihm stehen.
Ich werde weiter berichten. Siehe auch meinen Artikel zu Reaktionen von MKS, Handwerkskammer und einigen Essener Parteien.
Auf dem Foto ganz oben über dem Beitrag sind zu sehen: Jochen und Anne Kallidat (links), Jens Kallidat mit Freundin Sammy Käding (Mitte) und dazwischen seine Mitarbeiter Dirk Rottko, Alexander Mähl, Fabian Klose und Robert Naczynski (2. Geschäftsführer und seit zehn Jahren im Betrieb).
Alle Fotos sind von Tanja Wuschof – wundervolle Fotografin und außerdem ein Kind der Höhe. Vielen lieben Dank für Deinen Einsatz!
[…] Berichte über die Autowerkstatt Kallidat findet ihr hier:MKS-Chef spricht Klartext, 4. Mai 2019“Es geht um meine Existenz!”, 8. Mai 2019Viel Zuspruch für Kallidat, 17. Mai 2019Kallidat: Umzug steht fest, 2. August […]
Ich habe am Wochenende die Lokal-Redaktion der WAZ zu diesem traurigen Thema informiert und um, wenn möglich, Unterstützung gebeten.
Bin gespannt, ob sich dort ‚was regt und oder ob wir nur eins von 50 Stadtteilen in Essen mit ca. 8.000 Anwohnern hier sind.
Hallo.
Danke für diese tolle Unterstützung. Ein Journalist der WAZ war letzte Woche schon da und hat mich interviewt.
Ich weiss nur noch nicht, wann es gedruckt wird.
Gruß Jens Kallidat
Ich würde gerne eine Unterschriftenliste bei mir (Lottoladen) auslegen. Wäre es möglich eine Kopie zu bekommen? Dann können wir auch mit machen. Bestimmt machen Holtkamp und die Apotheke auch mit.
Hallo. Ich werde gerne morgen früh eine Liste einreichen. Vielen Dank
Und wieder ein Beispiel für den unaufhaltsamen Rückbau der sozialen Infrastruktur auf der Margarethenhöhe zu Lasten der Wohnqualität….
Lag in der Vergangenheit immer auch ein Teil des Charms der „Maggi-Höhe“ in der Zuschreibung als „Stadt in der Stadt“, so ist von diesem ursprünglichen Charakter nicht mehr viel übrig geblieben.
Es scheint, dass sich nun auch die Traditionswerkstatt Kallidat in eine lange Liste von Geschäftsaufgaben/-wegzügen einreiht. Mit dem Kiosk an der Sommerburgstraße, dem Kloidt/Ptak-Laden, dem Blumenladen, dem Kinder- und Buchgeschäft am Markt, der Sparkasse… sind hier nur einige genannt – ein Ende dieser traurigen Liste ist im Hinblick auf die Gerüchte zum neu geplanten Edeka (Höhe Endhaltestelle) und einem damit einhergehenden Rückbau der bereits bestehenden Filialen noch nicht in Sicht. Impliziert die vom neuen Vorstand, Herrn Flachmann, bei seinem Antritt 2016 ausgegebene Philosophie vom „Bewahren und Entwickeln“ zunächst eine ausgewogene Balance zwischen diesen beiden Handlungsfeldern, so zeigt sich hier nun nach kürzester Zeit eine deutliche Unwucht zugunsten der Entwicklung (welche ja perse nicht zu verteufeln ist, solange sie die Bewohner auch mitnimmt). Das „Bewahren“ bezieht sich hierbei wohl aber eher auf den Erhalt der denkmalgeschützten Gebäude, als auf die Lebensqualität der Bewohner in diesen Gebäuden. Gerade den älteren oder alteingesessenen Bewohnern scheint es bisweilen, dass die „Gentrifizierung“ nun auch vor ihrem Stadtteil nicht länger Halt macht. Da ja noch Ende Mai mit der Entscheidung zum Widerspruch gegen die Ablehnung der Bauvoranfrage gerechnet wird, besteht hier nun meines Erachtens dringender Handlungsbedarf. Hier schließe ich mich dem Sascha an und bin verwundert, dass sich die Bürgerschaft bislang nicht deutlich positioniert und an die Spitze der Bewegung gesetzt hat. Da eine Mobilisierung von dieser Seite aus aber bislang (leider) nicht erkennbar ist, sollten wir nun selbst eine oder mehrere der nachfolgenden Optionen verfolgen:
Unterschriftensammlung mit Vorlage OB, eventuell Protestmarsch vor das Stiftungsgebäude, Herstellung von Öffentlichkeit. Dabei könnte Hans-Jürgens Anregung („Könnes kämpft“) sicherlich neuen Schwung in das Verfahren bringen. Egal, was in dieser Angelegenheit unternommen wird: ich bin dabei und wüsste bereits viele, denen es genau wie uns ein großes Anliegen ist, den ursprünglichen Charakter und das, was diesen Stadtteil bislang ausmacht, zu bewahren.
Ein Bericht im WDR – “ Könnes kämpft “ könnte hilfreich sein. Der Moderator konnte schon einiges erwirken. Durch Radio Essen und der WAZ kann vielleicht eine Unterstützung erfolgen. Nur durch die breite Veröffentlichung habt ihr eine Chance. Ich selbst bin über Facebook auf euer Problem gestoßen. Viel Glück.
Ist es vielleicht möglich, dass Kallidat seine Liste am Inselfest (diesen Samstag) am Infostand auslegt?
Oder auch Mittwochs auf dem Markt?
Beim Feuerwehrfest demnächst?
Man könnte damit noch viel mehr Menschen erreichen.
Hallo,
das ist eine sehr gute Idee. Ich werde mich an die entsprechenden Stellen wenden und fragen,ob ich Listen auslegen darf.
Ich möchte mich auch auf diesem Wege bei allen Kunden, Nachbarn und Bürgern bedanken, die mich, mein Team und meine Werkstatt so positiv unterstützen. So etwas macht „die Höhe“ eben aus .
VIELEN DANK DAFÜR
Würde es was bringen, wenn man eine Petition einrichtet? Es würden sicherlich viele unterschreiben.
Liebe Tanja,
Jens Kallidat hat in seiner Werkstatt zumindest eine Unterschriftenliste ausliegen, dort kann man Unterstützung bekunden.
Soweit ich weiß, gibt es für eine Petition bestimmte Vorgaben was Form, Zeitraum und Menge der benötigten Unterschriften angeht. Befassen muss sich die zuständige Stelle dann ggf. mit der Eingabe, jedoch kann es trotzdem sein, dass dann z.B. baurechtlich begründet negativ entschieden wird.
Viele Grüße
Sonja
Kallidat hat ja eine Unterschriftenliste ausliegen!
Bewirken kann man aber doch nur was, wenn das ganze Dorf endlich mal den Hintern hoch kriegt und Flagge zeigt. Die Jugend macht es uns bei „Fridays for future“ doch prima vor.
Es ist ein Unding, dass die Werkstatt weg muss. Frau Martina Wolf hat aufgezählt, was alles nicht zur Margarethenhöhe passt. Und das finde ich auch. Kallidat muss bleiben. Und wie die Abbildung aussieht, passen die neuen Häuser nicht in den Lehnsgrund und nicht zur Margarethenhöhe. Und die noch stehenden Häuser sollen erst kürzlich ihre Treppenhäuser renoviert bekommen haben.
Es ist nicht zu fassen, wie hier mit Menschen umgegangen wird.
Naja. Da hat ja der Herr Flachmann seinen Ankündigungen auch schnell Taten folgen lassen. Im Zeitungsbericht zu seiner Anstellung im Jahr 2016 als Technischer Vorstand der Margarethe-Krupp-Stiftung hatte er das ja schon angekündigt….
Aber was soll man auch erwarten, wenn man jemanden an die Spitze setzt, der als Außenstehender keinen engeren Bezug zur „Maggihöhe“ hat und offensichtlich nur wirtschaftliche Belange im Auge hat….
Wer sich das ganze Interview durchlesen möchte:
https://www.waz.de/staedte/essen/sued/vorstand-will-margarethenhoehe-fit-fuer-die-zukunft-machen-id12090348.html
Es darf einfach nicht sein das die MKS sich über alles hinweg setzten kann und ihr Ding macht! Alte Traditionen gehen verloren auf Kosten der Mieter. Was ist es für ein Problem die Werkstatt neben der Feuerwache zu bauen. Wenn es danach geht, passt die Feuerwehr auch nicht ins Bild. Erst recht nicht die parkenden Wohnmobile, mobiler Verkaufsstand, Bürgerschaftsbus etc. Komisch, dass sieht dann schön aus und passt ins Bild. Hat unser OB sich das mal angeguckt? Aber vielleicht ist ja dort auch wieder was in Planung wo keiner was von erfährt. Wir werden auch für die Erhaltung bzw. den Neubau der Kallidat Werkstatt stimmen. Traditionen dürfen nicht verloren gehen und erst recht nicht wenn Existenzen dahinter stehen. Es ist traurig das bis jetzt keine Lösung gefunden worden ist.
Eine wirklich traurige Situation.
Als wir von den Plänen hörten, waren wir geschockt. Nicht nur weil wir als treue Kunden die Werkstatt unseres Vertrauens verlieren könnten, nein viel mehr weil die Werkstatt ein fester Bestandteil unserer Höhe ist. Und das seit Generationen. Alle „Kallidats“ und besonders Jens Kallidat sind für uns auf der Höhe ein Name für Kompetenz und Dienst am Kunden. Hier wird einem immer geholfen und das stets freundlich und mit viel Ehrgeiz. Die Existenz steht auf dem Spiel und wir alle hoffen, das es zu einem guten Ausgang in der Sache kommt. Wir stehen hinter Jens Kallidat und seinem Team.