„Manchmal muss man nur die richtigen Fragen stellen“
Coaching ist im Trend – das merk man besonders, wenn man sich in den Sozialen Medien bewegt. Es kann aber auch eine ganz bodenständige Sache sein und direkt in der Nachbarschaft passieren: Sonja Meldau lebt seit 17 Jahren auf der Margarethenhöhe und hat neben ihrem Hauptjob eine Ausbildung zur systemischen Beraterin absolviert. Obwohl der Begriff etwas irreführend sei, sagt sie: „Ich gebe gar keinen Rat, und ich bewerte auch nichts.“ Wenn sie sich mit Klientinnen trifft – vor allem Frauen liegen ihr am Herzen – versucht sie immer auf das aufzubauen, was bereits da ist: „Meistens ist die Lösung des Problems noch verschüttet im Unterbewusstsein. Mit den systemischen Methoden werden diese dann an die Oberfläche geholt.“ Fragen stellen sei eines ihrer wichtigsten Werkzeuge – und eine generelle Neugier auf Menschen bringe sie sowieso schon mit.
Schwerpunkt liegt auf Frauen
Ihren eigentlichen Beruf im Jobcenter, wo sie Jugendlichen auf deren Weg in Ausbildung und Arbeit hilft, mache sie „wirklich gerne“. Dennoch habe sie das Bedürfnis gehabt, sich beruflich weiterzuentwickeln, „nicht stehenzubleiben, sondern lebenslang zu lernen“, erklärt sie. Bei einem Bildungsurlaub lernte sie die systemische Methode kennen, „und ich war geflasht davon, weil man so schnell Lösungen findet“, erinnert sie sich. Während der Coronazeit absolvierte sie dann eine zweijährige Weiterbildung zur zertifizierten systemischen Beraterin. „Das hilft mir natürlich auch in meiner Arbeit mit den Jugendlichen“, sagt sie. Aber in ihrer selbstständigen Tätigkeit lege sie ihren Schwerpunkt vor allem auf Frauen, „einfach aufgrund der Mehrfachbelastung, die Frauen nunmal oft haben“, sagt sie.
„Das macht mich fassungslos“
Die Leidenschaft für das Frauenthema begleitet sie schon seit ihrem Studium der Geschichte und Ethnologie. „Ich habe mich immer schon sehr für Gender Studies interessiert und meine Magisterarbeit über das Frauenbild in den 50er und 60er Jahren geschrieben“, erzählt sie. Ihrem Empfinden nach habe sich seitdem noch längst nicht genug verändert: „Es gibt eine große Ungerechtigkeit, die Frauen oft auf dem Arbeitsmarkt erleben, sei es schlechtere Bezahlung, fehlende Aufstiegsmöglichkeiten durch Schwangerschaften und Nachteile bei der Rente. Das macht mich manchmal fassungslos.“
Die Angst, nicht allen gerecht zu werden
Als Mutter kenne sie die Probleme aus eigener Erfahrung: „Das schlechte Gewissen, nicht zur Arbeit gehen zu können, weil mein Sohn krank ist, oder der hohe Anspruch an sich selbst und das Gefühl, nicht allem gerecht zu werden.“ Ihr Fazit: „Da muss Entlastung her. Ich kann vielleicht das System nicht ändern, aber die Perspektive darauf. Die eigene Haltung ist immer veränderbar, und ich möchte Frauen dabei helfen und so vielleicht einen kleinen Beitrag leisten.“ Oft reiche es vollkommen aus, wenn jemand im Coaching-Gespräch für sich selbst etwas verstanden habe – eine bestimmte Konstellation in Familie oder Freundeskreis zum Beispiel. Nicht immer bestehe dann auch Handlungsbedarf. Falls doch, könne sie mit den passenden Fragen bei der Lösungsfindung helfen.
Wenn Essen – dann die Margarethenhöhe
Einzelcoachings bietet Sonja Meldau nach individueller Absprache an – nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer, Paare und Familien. Interessierte können dazu auf ihre Homepage gehen und Kontakt aufnehmen. Auch im neuen Netzwerk Auf der Höhe ist Sonja Meldau schon zu finden. In Rüttenscheid gibt sie zudem Gruppenkurse in der Villa Rü. Darüber hinaus engagiert sie sich auch in der Quartiersarbeit im Bezirk III, zu dem die Margarethenhöhe gehört. Ihren Stadtteil liebt sie wirklich sehr: „Ich komme ursprünglich aus dem Norden bei Cuxhaven, habe danach in Braunschweig gewohnt – und ich würde nicht in Essen wohnen, wenn es nicht auf der Margarethenhöhe wäre.“
Foto: Tanja Wuschof