Wo Masken an Weinranken wachsen

Wo Masken an Weinranken wachsen

30. April 2020 3 Von Sonja Mersch

In der Metzendorfstraße wachsen Masken an den wilden Weinranken, die fast die ganze Hauswand bedecken – könnte man zumindest meinen. Kathrin Manns hängt sie dort mit Wäscheklammern auf – und wer möchte, pflückt sich eine. An die 400 Masken hat die 36-Jährige mittlerweile genäht – die meisten davon für Menschen auf der Margarethenhöhe. Bisher hat sie vor allem für ihre drei Kinder die Nähmaschine angeschmissen, oder auch mal für sich selbst. Aber seit Corona ist alles anders.

„Das fing erst so tröpfchenweise an in der ersten Quarantänewoche“, erzählt Kathrin Manns. Die ersten Masken seien für Hebammen, Krankenschwestern, befreundete Erzieherinnen gewesen, für Eltern und Geschwister, für Nachbarn. „Dann hat sich das herumgesprochen und ich bekam immer wieder Anfragen.“ So saß sie dann abends und an Wochenenden mit einem Hörbuch auf den Ohren an ihrer Nähmaschine. „Ich höre immer Hörbücher beim Nähen, damit mein Kopf ein bisschen was anderes zu tun hat“, sagt sie. „Sonst kann das eine ziemlich monotone Arbeit sein.“ Vor allem, wenn es um Corona-Masken am Fließband geht.

Pfeifenputzer und Jerseynudel

Gut 20 Minuten habe sie anfangs für ein Exemplar gebraucht. Nach einer Weile sei sie auf ein anderes Schnittmuster umgestiegen, das in fünf Minuten zu schaffen sei. Ohne aufwändig zu nähende Falten und mit einer „Jerseynudel“, die nicht hinter den Ohren geknotet werden muss, sondern im Nacken sitzt und jedem sofort passt. „Und statt Draht habe ich Pfeifenputzer eingenäht, das ist etwas flauschiger“, findet sie. Kochwäsche sei damit ihrer Erfahrung nach kein Problem: „Ich habe einen testweise für 20 Minuten ausgekocht, das hat er ausgehalten.“ Nachschub an Pfeifenputzern habe sie von anderen Müttern bekommen, auch mit Stoffen sei sie versorgt worden. „Sogar Leute, die ich nicht kannte, haben mir Stoffreste oder alte Bettwäsche vorbeigebracht“, erzählt sie. „Es war ja wirklich schwierig, Männerstoffe zu finden.“

Die Kinder haben geholfen

Um viele Masken auf einmal herzustellen, hat sich Kathrin Manns ein spezielles System überlegt: „Ich nähe nicht alles einzeln, sondern zuerst eine 25 Meter lange Schlange“, erklärt sie. Später werden die Stücke dann auseinander geschnitten, gewendet, weitervernäht. „Dabei haben mir meine Kinder total viel geholfen“, sagt sie. „Das war manchmal wie ein mini Familienunternehmen in unserem Garten.“

Trotz der vielen Arbeit gibt Kathrin Manns die Masken gegen freiwillige Spende ab – jeder gibt, was er kann und was es ihm wert ist, so ihr Credo. Um die Abholung kontaktlos zu halten, hängt sie die fertigen Masken an ihr Geländer – oder eben in die Weinranken an ihrem Haus. In den Osterferien sei es nochmal richtig viel gewesen, erzählt sie. Ständig hätten sie Anfragen per SMS oder über Facebook erreicht. „Mittlerweile müsste aber eigentlich jeder eine Maske haben“, glaubt sie – und näht nun auch nicht mehr im Akkord. „Aber wenn ich nochmal welche fertig habe, hänge ich sie raus.“

Fotos: Tanja Wuschof und Kathrin Manns