Immer noch Hebamme auf der Höhe

Immer noch Hebamme auf der Höhe

22. Februar 2024 0 Von Sonja Mersch

Die Nachricht kam für viele überraschend: Die Hebammen auf der Höhe geben ihre Praxis am Laubenweg auf. Ende Februar schließen Tanja Schulte-Kremer und ihre Kollegin Maria Schulz endgültig die Türen zu den erst im Juli 2021 bezogenen neuen Räumen. „Nach insgesamt zwölf Jahren auf der Margarethenhöhe ist das schon ein großer Schritt, aber leider ist es nicht mehr möglich, die Praxis weiterzuführen“, sagt Tanja Schulte-Kremer, die die „Hebammen auf der Höhe“ zusammen mit ihrer Kollegin Christina Daxberger gegründet hatte – damals noch mit einer kleinen Praxis an der Sommerburgstraße, die schnell aus der näheren Umgebung und weit darüber hinaus regen Zulauf fand.

Familiäres Umfeld und viele Kurse

„Wir haben immer viel Wert auf ein familiäres Umfeld gelegt und unsere Kurse nicht zu voll gemacht“, erzählt Tanja Schulte-Kremer. „Es gab immer genug Zeit, um anzukommen – sei es für Beratungen, Vorsorge in der Schwangerschaft, Rückbildungs- oder Babymassagekurse, die mir persönlich sehr am Herzen liegen.“ Externe Kursleiterinnen für Beckenbodengymnastik, Pilates, Yoga oder auch eine Krabbelgruppe ergänzten das Angebot – der viel größere Kursraum am Laubenweg bot sich dafür perfekt an. Mit dem Umzug von der Sommerburgstraße in die neuen Räumlichkeiten schied Christina Daxberger aus der Praxisgemeinschaft aus, Hebamme Maria Schulz, die das Team auch vorher bereits unterstützt hatte, stieg dafür als Partnerin mit ein.

Keine neuen Kolleginnen gefunden

Doch schon bald stellten die beiden Hebammen fest, dass sie weitere Verstärkung gut gebrauchen könnten – und zwar für das, was eben nur examinierte Hebammen können: Geburtsvorbereitungskurse geben, Schwangere betreuen, Wochenbettbesuche. „Eine oder zwei Kolleginnen wären gut gewesen“, sagt Tanja Schulte-Kremer. „Aber die haben wir leider nicht gefunden.“ Allgemein gebe es schon zu wenige Hebammen, das Problem sei bekannt. „Junge Hebammen, die frisch von der Hochschule kommen, wollen dann meist erst einmal ihre Erfahrungen in einer Klinik sammeln“, so Tanja Schulte-Kremer. Die bürokratischen Hürden und der Papierkram, mit dem man sich als selbstständige Hebamme beschäftigen müsse, schrecke viele ab: Da müssen Nachweise erbracht und Zulassungen erteilt, Rechnungen geschrieben und Versicherungen bezahlt werden. „Das geht alles, wenn man gut im Team arbeitet, aber es kommt schon einiges zusammen“, so Tanja Schulte-Kremer. Als ihre Kollegin dann wegen eigener Schwangerschaft auch noch eine Zeit ausfiel, habe sie die Praxis zeitweise ganz alleine geschmissen, erzählt Tanja Schulte-Kremer.

Hohe Kosten, geringe Vergütung

Endgültig nicht mehr tragbar sei die Situation schließlich dadurch geworden, dass ihre Beiträge zur Sozialversicherung im vergangenen Jahr um 50 Prozent angestiegen seien, erzählt sie. Dabei sei Hebamme ohnehin kein besonders hoch bezahlter Beruf : ein Hausbesuch beispielsweise könne bei der Krankenkasse mit rund 38 Euro abgerechnet werden, ganz egal, wieviel Zeit sich eine Hebamme dabei für die Sorgen und Fragen der Schwangeren oder der frisch gebackenen Mutter nehme.

Für Tanja Schulte-Kremer war jetzt der Zeitpunkt, einen Schlussstrich zu ziehen – unter die Hebammenpraxis, nicht jedoch unter ihren Beruf. „Ich arbeite weiter als Hebamme und betreue die Frauen zu Hause“, erklärt sie. Das sei zwar mehr Fahrerei und finanziell nur eine kleine Erleichterung, dennoch fielen immerhin Mietkosten, Zeit für Kurse und viel Papierkram weg. „Auch wenn ich die Babymassage sicher vermissen werde“, gesteht sie. Ihre Stunden als angestellte Hebamme im Krankenhaus wolle sie ein wenig aufstocken, auch ihre Kollegin Maria Schulz habe bereits eine Anstellung gefunden.

Plan: Dozentin an der Hochschule

Tanja Schulte-Kremer denkt zusätzlich darüber nach, als Dozentin an die Hochschule zu gehen. „Ich habe schon eine Weiterbildung gemacht und könnte mir gut vorstellen, mein Wissen aus der Praxis irgendwann an Studierende weiterzugeben.“ Eine Lehrtätigkeit in Kombination mit Teilzeitstelle und freier Betreuung von Schwangeren – das wäre ihr Wunsch. Eine Internetseite unter dem Namen „hebammeaufderhoehe“ habe sie schon in Arbeit – in Anlehnung an den früheren Praxisnamen. So bleibt Tanja Schulte-Kremer den Frauen und Familien auf der Margarethenhöhe und in den umliegenden Stadtteilen weiterhin erhalten – und das ist doch schließlich eine gute Nachricht.

Übrigens: Eine Nachmieterin für die Praxisräume am Laubenweg gibt es bereits. Die Logopädin Seyma Bozkurt wird dort ab Juni einziehen – hier stellen wir sie euch vor.

Foto oben: Tanja Wuschof