Haltepunkt: Essen-Margarethenhöhe

Haltepunkt: Essen-Margarethenhöhe

14. Juni 2022 3 Von Sonja Mersch

Nächster Halt: Essen-Margarethenhöhe. Wer jetzt an unsere U17 denkt, ist vielleicht etwas zu jung, um noch zu wissen: Als es die U-Bahn noch gar nicht gab und die Trasse im Wald noch eine echte Bahnstrecke war, gab es im Mühlbachtal eine Haltestelle, die Essen-Margarethenhöhe hieß. Heinz Kaschulla, der auf der Margarethenhöhe aufgewachsen ist und seit 72 Jahren hier wohnt, erinnert sich noch daran – und hat alles, was er dazu finden konnte, aufgeschrieben. Wir haben ja schon ein paar seiner Geschichten hier auf dem Blog veröffentlicht.

Erinnerung und Recherche

„Meine Notizen sind Zusammenfassungen von größtenteils Bekanntem, ergänzt um Dinge, die mir bei meiner Suche ins Auge fielen“, sagt Heinz Kaschulla. Ursprünglich ging es ihm nur darum, Erinnerungen aus seinem Leben und seinem Umfeld für seine Töchter niederzuschreiben. „Wer weiß denn noch, dass die Zeche Rosenblumendelle in Heißen der Startpunkt der Strecke war, genau dort, wo heute das RRZ steht?“, sagt er. „Oder dass das Ziel nicht das Steag-Heizkraftwerk in Rüttenscheid war, sondern Burgaltendorf?“ Heinz Kaschulla kramte in seinen Erinnerungen, recherchierte in Texten aus Archiven der Deutschen Bahn und deren Vorläufern sowie der Zechen, las in Büchern und im Internet – und fasste zusammen. „Ich sagte mir, wenn ich meinen Kindern Wissenswertes hinterlassen werde irgendwann, soll es so vollständig wie möglich sein.“

Ein Sonderzug macht am 21. Juni 1968 an der Margarethenhöhe Halt, um die katholische Grundschule zu einem Schulausflug abzuholen. Foto: Bürgerschaft Essen-Margarethenhöhe

Ein Bahnhof für die Margarethenhöhe

Die Geschichte der Haltestelle Margarethenhöhe beschreibt Heinz Kaschulla so: Nach dem Krieg gab es zunächst keine Verbindung von der Margarethenhöhe in die Essener Innenstadt. Zwar führte eine Bahnstrecke für Personenverkehr schon seit 1879 von Heißen nach Altendorf (Ruhr), aber: Alle Züge fuhren an der inzwischen gebauten Siedlung Margarethenhöhe vorbei – eine Haltestelle gab es nicht. Das änderte sich aber 1946. Hugo Rieth schrieb einst dazu in den „Margarethenhöhe Notizen“: „Der Krieg hatte eine Trümmerwüste hinterlassen, besonders Holsterhausen war so zerstört, dass vorläufig keine Straßenbahnverbindung zur Stadt bestand.“

Schienenbus im Jahr 1956.
Foto: Bürgerschaft Essen-Margarethenhöhe

Schienenbus auf der Trasse

Offenbar hatte dann ein Ratsherr, der auf der Margarethenhöhe lebte, Erfolg: Der Haltepunkt Essen-Margarethenhöhe wurde an der Ostseite der Brücke eingerichtet und am 25. März 1947 eröffnet. Nun konnten die Bewohner mit der Eisenbahn nach Rüttenscheid fahren und von dort aus mit der Straßenbahn die Stadt erreichen. Etwas oberhalb der Haltestelle Essen-Margarethenhöhe befand sich sogar ein Wartehäuschen mit Fahrkartenschalter, Wartebereich und kleinem Kiosk.

Als die Straßenbahnverbindung über Holsterhausen wieder hergestellt war, wurde die Zahl der Fahrgäste wieder weniger, bis ab 1952 nur noch Triebwagen unterwegs waren – auch Schienenbusse genannt. Ein solcher Schienenbus fuhr am 30. Mai 1959 zum letzten Mal auf dieser Strecke.

Güterzug mit Dampflokomotive an der Margarethenhöhe.
Foto: Herbert Schambach/Bürgerschaft Essen-Margarethenhöhe

Bahntrasse früher: Güterverkehr

Die Bahntrasse selbst gab es übrigens schon viel länger. Heinz Kaschulla erklärt: Seit dem 16. Jahrhundert wurde in Mülheim-Heißen an mehreren Schachtanlagen Kohle abgebaut, und das bis ins 18. und 19. Jahrhundert hinein. Mehrere Anlagen schlossen sich im Laufe der Zeit zusammen, bis zuletzt nur noch die Schachtanlage Rosendelle übrig und bis 1966 in Betrieb blieb.

Zunächst wurde die geförderte Kohle noch mühselig mit Pferdewagen zur Ruhr transportiert, von wo es dann mit Schiffen weiterging. Doch dann wurde es leichter: Zwischen 1872 und 1879 baute die private Rheinische Eisenbahn Gesellschaft (RhE) eine Schienentrasse. Diese verlief von Heißen durch das Mühlbachtal und dann über Rüttenscheid, Rellinghausen und Steele bis nach Altendorf an der Ruhr, dem heutigen Burgaltendorf.

Auf der Trasse war also erst einmal nur Güterverkehr unterwegs. Als im Zweiten Weltkrieg, am 10. April 1945, die Ruhrbrücke zwischen Steele und Altendorf (Ruhr) gesprengt wurde, fuhren sämtliche Züge nur noch bis Steele. Im Laufe der Jahre endete der Güterverkehr an einem immer früheren Punkt, zuletzt in Rüttenscheid. Der letzte Zug passierte am 23. Dezember 1999 mit insgesamt 80 Tonnen Kohle für das Steag-Heizwerk in Rüttenscheid die Margarethenbrücke (vgl. Hugo Rieth).

Was danach geschah, wissen wohl die meisten: Die Gleise wurden Anfang 2003 zurückgebaut und wir haben nun einen Radweg auf der alten Trasse.

Der letzte Zug im Jahr 1999 transportierte 80 Tonnen Kohle auf drei Waggons nach Rüttenscheid.
Foto: Oliver Müller/Bürgerschaft Essen-Margarethenhöhe

Bild ganz oben: Aquarell von Hugo Rieth/ Bürgerschaft Margarethenhöhe