Friseure im Lockdown

Friseure im Lockdown

19. Januar 2021 1 Von Sonja Mersch

Seit mehr als einem Monat sind die Friseursalons auf der Margarethenhöhe jetzt geschlossen. Wir haben mit zweien von ihnen, Dennis Janßen mit Geschäft an der Sommerburgstraße, und Stefanie Thießen mit Geschäft am Kleinen Markt, gesprochen: Wie es ihnen geht, was sie machen und ob sie die Krise überstehen werden.

Dieser zweite Lockdown habe ihn nicht so aus dem Nichts heraus getroffen wie der erste im März 2020, sagt Dennis Janßen: „Beim ersten Mal kam das aus heiterem Himmel und wir standen erstmal unter Schockstarre“, erzählt er. „Sechs Wochen zumachen – niemand hätte für möglich gehalten, dass der Staat das kann.“ Mit dem Beantragen und Bearbeiten der ganzen Formulare sei er noch bis Dezember beschäftigt gewesen – wobei die ursprünglich beantragte Soforthilfe wieder zurückgezahlt werden musste. „Aus dem ersten Lockdown sind wir im Nachhinein aus eigener Kraft herausgekommen“, sagt er. „Aber auch unser Unternehmen hatte merklich Schräglage. Die Kunden haben uns gerettet. Man kann nicht genug danken!“

„Kunden haben uns gerettet“

Und das, obwohl Friseur Janßen den Laden nur mit etwa 60 Prozent Auslastung betreiben konnte, um die Abstandsregeln zu wahren. Statt 16 Plätzen durfte der Friseur nur neun nutzen – Kunden parallel zu bedienen, war nicht immer möglich. Trotzdem hat er es durch den ersten Lockdown geschafft – und ist zuversichtlich, dass sein Geschäft weiter bestehen wird. Ihm helfen Familie, motivierte Mitarbeiter und die Tatsache, dass das Ladenlokal in Familienbesitz ist. Den Lebensunterhalt bestreitet er aus der beantragten Grundsicherung, die vier Mitarbeiter sind diesmal in Kurzarbeit. „Das haben wir einvernehmlich so entschieden“, sagt der Friseur.

Dennis Janßen mit seiner Frau vor dem Laden an der Sommerburgstraße

„Wir würden lieber im Laden stehen und arbeiten“

„Mit dem zweiten Lockdown hatten wir seit Mai zwar mal gerechnet“, sagt er. „Wir wussten nur nicht, wann er kommt. Dann noch vor Weihnachten, das war zu plötzlich.“ Viele Termine konnten nur kurzfristig dazwischengeschoben werden – ein echter Marathon für das Team. „Sowas hält man zwei bis drei Tage durch, dann ist Feierabend.“ Trotzdem: So ganz ohne die tägliche Arbeit hat der Friseur mehr Freizeit, als ihm lieb ist. „Man kann ja bei dem Wetter kaum was machen“, sagt er. Er lerne jetzt Klavierspielen, „aber das ist eher ein Ausdruck von Hilflosigkeit. Wir würden lieber im Laden stehen und arbeiten.“

„Weihnachtsgeschäft wurde uns genommen“

Steffi Thießen von Hair & Beauty am Kleinen Markt geht es ganz ähnlich: „Wir sind seit Wochen zu viert zu Hause und gehen nur spazieren und einkaufen. Für die Kinder ist das ganz schön, wir basteln, backen, spielen. Meine Tochter hat jetzt Homeschooling. Leider kann man bei dem Wetter nicht in den Garten, das war im Frühjahr besser.“ Auch sie musste ihren Laden Mitte Dezember viel zu plötzlich schließen: „Eine Katastrophe“, sagt sie. „Das hat uns das ganze Weihnachtsgeschäft genommen. Unsere Kalender waren komplett voll.“ Nicht alle Kunden hätten sie und ihr Team noch bedienen können – und dann ja auch nur maximal drei gleichzeitig, vor Corona waren es bis zu sechs.

Stefanie Thießen an ihrem Gartentörchen auf der Margarethenhöhe

Warten auf Überbrückungshilfe

Dieser zweite Lockdown trifft Steffi Thießen härter als der erste: Im März 2020 habe sie durch die Soforthilfe des Landes keine Probleme gehabt. Diesmal kann sie zwar auf die Überbrückungshilfe III hoffen, mit der sie einen Teil ihrer Fixkosten bestreiten würde. „Aber die kann man noch gar nicht beantragen.“ Gottseidank, so sagt sie, verfüge ihre Familie über Rücklagen, und auch das Elterngeld für ihr 2020 geborenes Baby helfe ein wenig. Ihrer Auszubildenden, die noch nicht lange genug mit an Bord ist, um in Kurzarbeit zu gehen, zahlt die Friseurin sogar weiter Gehalt: „Ich möchte sie unbedingt halten.“ Irgendwie werde ihr Geschäft diese Zeit überstehen, da ist Steffi Thießen sicher. „Wenn wir wieder auf haben, werden wir gut zu tun haben. Allerdings müssen wir dann die Preise erhöhen – ich hoffe, dafür hat jeder Verständnis.“

Kunden vermissen Friseurbesuch

Viele Menschen müssen schon seit Wochen ohne Friseur auskommen. „Für manche ist das eine Katastrophe“, sagt Friseur Janßen. „Ich habe ältere Kunden, die kommen jede Woche. Die sind es gar nicht gewohnt, sich die Haare selbst zu machen, und können es teilweise auch kaum.“ Den Menschen sei es sehr wohl wichtig, wie sie aussehen – auch in Videokonferenzen zähle oft der erste Eindruck. „Und für viele ältere Leute ist der Friseurbesuch auch ein Stück weit Normalität“, sagt er. „Um die tut es mir richtig Leid.“ Ähnlich geht es Steffi Thießen: „Mein Telefon klingelt Sturm, weil Kunden schon Termine für Februar machen wollen. Und manche freuen sich dann, einfach ein bisschen mit mir zu quatschen. Die haben sonst niemanden. Da merkt man, das tut denen gut.“

Friseursalon Hair & Beauty am Kleinen Markt

Durchhalten bis nach dem Lockdown

Die Empfehlung für alle, die sich in diesen Tagen nach einem Haarschnitt sehnen, lautet von beiden Friseuren übereinstimmend: Augen zu und durch. „Lieber die Finger davon lassen, wenn es nachher ordentlich aussehen soll“, rät Steffi Thießen, die ihren Kunden im Lockdown zumindest Pflegeprodukte, Haarfarben und auch Gutscheine verkaufen kann. Dennis Janßen macht das bewusst nicht und wird die Terminannahme erst starten, wenn ein verbindliches Öffnungsdatum feststeht. Er empfiehlt seinen Kunden, noch etwas durchzuhalten: Bei langen Haaren fielen ein paar Zentimeter mehr nicht auf. Ganz kurze Haare bekäme man vielleicht noch in Eigenregie hin. Aber er warnt: „Ab ist abgeschnitten, und alles können wir auch nicht retten.“

Genau wie seine Kollegin am Markt glaubt er nicht daran, dass der Lockdown bereits im Februar vorbei sein wird.

Fotos: Tanja Wuschof
Headerfoto: Sonja Mersch