Feuerwehr probt den Ernstfall am Lehnsgrund

Feuerwehr probt den Ernstfall am Lehnsgrund

13. September 2019 2 Von Sonja Mersch

Auch die Freiwillige Feuerwehr Margarethenhöhe muss regelmäßig üben: Wie kommt man in ein verrauchtes Dachgeschoss? Wo stellt man die Leiter an, und wieviel Meter Schlauch nimmt man mit? Praktisch, wenn es leer stehende Gebäude gibt, in denen sich verschiedene Szenarien so real wie möglich nachspielen lassen. Die Häuserzeile am Lehnsgrund zum Beispiel steht seit einiger Zeit leer – sie soll ja im Frühjahr 2020 für Neubauten abgerissen werden (siehe Bericht).

Mit Erlaubnis der MKS

„Die Margarethe Krupp-Stiftung erlaubt uns, dass wir hier üben“, so Tobias Schiffer, der stellvertretende Löschgruppenführer der Freiwilligen Feuerwehr Margarethenhöhe. „Wir unterstützen die Freiwillige Feuerwehr wo es geht“, bestätigt MKS-Prokurist Jochen Biefang. Da in der ganzen Häuserreihe am Lehnsgrund niemand mehr wohnt, kann sich ein gutes Dutzend Feuerwehrleute hier einmal die Woche in den Abendstunden austoben. Tobias Schiffer: „Hier stören wir wirklich niemanden.“

An diesem Montag steht Schlauchmanagement auf dem Stundenplan. „Da geht es darum, wie der Trupp seine Leitungen managt“, erklärt Tobias Schiffer. Wie muss der Schlauch gelegt werden, damit er sich nicht verhakt, und wann ist der richtige Zeitpunkt fürs Wasser?

Mit der Leiter über den Balkon

Das Szenario kennt der Trupp anfangs nicht – die Übung soll ja möglichst realistisch sein. Ein Hilfeleistungslöschfahrzeug (HLF) und ein Tanklöschfahrzeug parken auf dem Garagenhof, die Jungs und Mädels steigen aus, und Löschgruppenführer Max Preusser gibt erste Erkenntnisse zur Lage: „Dachstuhlbrand nach Blitzeinschlag, Angriffstrupp zur Brandbekämpfung über Steckleiter in den Dachstuhl durch den Balkon und Wohnung des 1. OG vor.“

Nicht ohne Wasser ins Haus

Sobald der Einsatzleiter vor Ort die Lage erkundet und die Aufgaben verteilt hat, geht es los: Ein grauer Schlauch wird vom HLF in Richtung Balkon gerollt, ein quietschgelber Schlauch zum Tankfahrzeug – für den Wassernachschub. Zwar hat auch das HLF gut 800 Liter Wasser dabei. „Aber es gibt die Regel, dass wir nie in ein geschlossenes Gebäude gehen, ohne eine stehende Wasserversorgung zu haben“, erklärt Tobias Schiffer. Und die liefert der Tanker: 2400 Liter hat er an Bord. Ein Hydrant wäre die Alternative oder ein Löschteich – aber wo gibts den schon? Das sind Fragen, die im Ernstfall im Hintergrund durch weitere Trupps geklärt werden.

Schlauch dient auch als Rückwegsicherung

Der Angriffstrupp verlegt jetzt den grauen Schlauch bis ins Haus: über eine Leiter geht es auf den Balkon in der ersten Etage, von dort durch die Wohnung ins Treppenhaus und hoch bis auf den Dachboden. An Geländern und in Türrahmen bleibt der Schlauch gerne mal hängen – hier ist viel Geschick gefragt. „Eine weitere goldene Regel lautet, dass wir drinnen nie den Kontakt zum Schlauch verlieren“, erzählt Tobias Schiffer. „Er dient immer auch als Rückwegsicherung.“ Das ist besonders wichtig, wenn man vor lauter Rauch nichts mehr sieht – aber diese Übung ist heute nicht dran.

Brand im Dachgeschoss

Zwei Feuerwehrleute haben sich mittlerweile bis ins Dachgeschoss hochgearbeitet und ziehen den Schlauch hinter sich her. Vor der Tür zum Dachboden bringen sie erstmal den Smoke Stopper an – er soll im Ernstfall verhindern, dass Rauch aus einer brennenden Wohnung ins Treppenhaus strömt. Denn nach der Feuerwehr ist die Wohnungstür in ihrer Funktion nicht mehr zu gebrauchen. Dann gehts mit dem Schlauch hinein, in der Hocke, mit Händen und Füßen tasten sich die beiden Einsatzkräfte langsam voran, bis sie den Brandherd gefunden haben. Den es heute natürlich nicht wirklich gibt. Dieses Vorgehen nennt man übrigens Seitenkriechgang – eine besondere und sichere Taktik, sich in unbekannte und verrauchte Bereiche fortzubewegen.

Pumpenmaschinist dreht den Hahn auf

Über den Digitalfunk verständigen sie sich mit ihren Kollegen am Löschfahrzeug: Hier bedient ein zum Maschinisten ausgebildeter Feuerwehrmann die Pumpe, genauer: eine Feuerlöschkreiselpumpe. Wäre dies ein echter Brand, würde jetzt Wasser mit einem Druck von acht bis elf Bar durch den korrekt verlegten Schlauch schießen. Die übrigen Truppmitglieder haben inzwischen einen Lichtmast vor dem Gebäude aufgebaut – es dämmert schon, und die Einsatzstelle soll gut beleuchtet sein. „Sonst ist man schnell über einen ausgerollten Schlauch gestolpert“, so Tobias Schiffer.

Feedback – und nochmal das Ganze

Nach einer halben Stunde ist die Übung beendet, und es gibt ein Feedback vom Löschgruppenführer. Welcher Handgriff hat noch nicht gesessen? Wo gab es noch Fragen? Anschließend wird aufgeräumt: Alle Schläuche eingerollt, die Leiter weggebracht. Und dann heißt es: Das Ganze nochmal von vorne bitte! Denn in der zweiten Runde klappt ja meist alles noch ein bisschen reibungsloser.

Fotos: Sonja Mersch