Emilia: „Ich darf wieder alles machen“

Emilia: „Ich darf wieder alles machen“

17. Oktober 2023 3 Von Sonja Mersch

Emilia schlägt ein Rad, die blonden Zöpfe fliegen, sie lächelt. Dass die Neunjährige heute so fröhlich vor dem Friseurgeschäft ihrer Mama spielen und mit uns über Schule, Hobbys und Freundinnen reden kann, ist wunderbar – und schien vor gut zehn Monaten undenkbar. Damals stand es eine zeitlang sehr kritisch um Emilia, die nach mehreren Infekten einen Herzstillstand erlitten hatte und sich in einer Spezialklinik zurück ins Leben kämpfen musste (wir hatten darüber berichtet). Das ist ihr gelungen: Im Januar durfte sie mit ihrer Familie nach Hause auf die Margarethenhöhe zurück, nach vielen Untersuchungen und Reha- und Kuraufenthalten schließlich auch wieder zur Schule, in ihre alte Klasse. Englisch ist ihr Lieblingsfach.

Erst Nähen, dann wieder Volleyball

„Ich musste zum Glück das Schuljahr nicht wiederholen. Es war so schön, meine Freundinnen endlich wiederzusehen“, sagt Emilia. Die seien zuerst sehr vorsichtig mit ihr umgegangen, hätten auch nach ihrer Narbe gefragt. Emilia wird kurz nachdenklich. „Aber ich habe ihnen dann erklärt, dass ich wieder alles machen darf. Mein MRT und der Sporttest waren gut.“ Zum Volleyball geht sie schon wieder, mit Leichtathletik, Tanzen und Turnen wartet sie lieber noch ein bisschen – auch wenn es ihr schwer fällt. Bevor sie wieder Sport anfangen konnte, habe sie sich zu Hause mit Nähen und Keyboardspielen beschäftigt. Doch sie ist voller Energie, möchte nach draußen.


„Machen uns mehr Sorgen als früher“

So unbeschwert wie früher sei der Alltag aber nicht, erzählt ihre Mama. Die Erlebnisse der vergangenen Monate hätten bei allen Familienmitgliedern Spuren hinterlassen. Jede Erkältung werde genau beobachtet, man gehe lieber einmal zu viel zum Arzt als einmal zu wenig und mache sich generell mehr Sorgen. In ihrem Friseursalon arbeitet Steffi Thießen aber inzwischen wieder regelmäßig. Dass sie monatelang pausieren konnte, verdanke sie ihrer Mitarbeiterin Brenda, „ohne sie hätte das nicht geklappt“, und vor allem den vielen großzügigen Spenden, die bei der Aktion „Unser Herz schlägt für Emilia“ auf der Margarethenhöhe gesammelt worden seien (hier unser Bericht dazu).

Spendenaktion rettete Existenz der Familie

„Ich weiß nicht, wie wir das sonst geschafft hätten – wir waren ja wochenlang nicht hier“, sagt die Friseurin. „Von der Spendenaktion habe ich später Bilder gesehen, und als man mir die Summe genannt hat, bin ich hintenüber gefallen.“ Während sie noch um ihre Tochter bangen musste, habe sie das natürlich nicht besonders interessiert. „Später aber dann schon.“ Die fünfstellige Summe habe einfach ihren Laden und damit die Existenzgrundlage der Familie gesichert.

„Wir sind so stolz, dass wir das als Familie geschafft haben“, sagt Steffi. „Und jetzt hoffen wir nur noch, dass alles gut bleibt.“ Emilia macht noch einen Handstand auf dem Gehweg.

Fotos: Tanja Wuschof