
Bildhauer Will Lammert & die Katzenpaare

Manfred Raub
Manfred Raub lebt seit 43 Jahren auf der Margarethenhöhe. Er ist Mitbegründer des Kunstkreises Margarethenhöhe und Inhaber des Ateliers am Laubenweg. Seit 15 Jahren ist er als Gästeführer auf der Höhe unterwegs. Aus seiner umfangreichen historischen Foto- und Postkartensammlung erstellt er regelmäßig Kalender und unterstützt auch diesen Blog mit Texten und Bildern.
Bild oben: Katzenpaar am Robert-Schmohl-Platz. Zustand in den 50er Jahren vor einer ersten Restaurierung. Fotos: Mark Lammert
Bildhauer Will Lammert & die Katzen
Bald sollen sie endlich wieder da sein: die Katzenpaare auf den Torbögen am Robert-Schmohl-Platz, die die Bewohner ebenso wie die Gäste der Margarethenhöhe begrüßen. Genau so, wie sie es bereits seit ihrer Aufstellung im Jahr 1928 getan hatten. Vielen Margarethenhöhern dürfte gar nicht bewusst sein, welchen Schatz sie mit den Plastiken von Will Lammert hier auf der Höhe bewundern können. Sind sie doch eines der wenigen, im öffentlichen Raum erhalten gebliebenen Werke des Künstlers aus der Zeit vor 1933.
Lammert war ein bekannter und mit Preisen ausgezeichneter Bildhauer seiner Zeit, der viele öffentliche Aufträge hier in Essen ausgeführt hat. Zum Beispiel die Ausgestaltung der Trauerhalle am Südwestfriedhof, um in der Nähe zur Margarethenhöhe zu bleiben. Von den Nationalsozialisten verfolgt und als „entarteter“ Künstler einstuft, emigrierte er 1933. Seine Werke wurden systematisch zerstört, aber zum Glück nicht die Katzen am Robert-Schmohl-Platz. Und zum großen Glück haben sie auch die Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg weitgehend unbeschadet überstanden.

Katzenpaare waren ursprünglich dunkelblau
Nachdem eine der Katzen-Plastiken auf der Ausstellung „Aufbruch im Westen – Die Künstlersiedlung Margarethenhöhe“ vom April 2019 bis Januar 2020 im Ruhrmuseum ausgestellt war, wurde festgestellt dass die Keramik-Figuren dringend noch einmal restauriert werden mussten. Sie waren nämlich in den Jahren zuvor schon einmal überholt und ausgebessert worden. So wurde dann im Laufe des Jahres 2020 auch das zweite Paar abgebaut und zur Restaurierung in fachkundige Hände gelegt. Bei diesen Arbeiten wurde festgestellt, dass die ursprüngliche Farbe der Plastiken nicht schwarz, sondern dunkelblau war. Bald strahlen sie hoffentlich wieder im alten Glanz von den beiden Bögen in der Zufahrt zum Platz. Dort hat die Stadt Essen schon im Vorfeld auf beiden Seiten Poller aufstellen lassen, um die Zufahrtswege für große Fahrzeuge einzuschränken, damit diese nicht die gemauerten Bogen oder sogar die Katzenfiguren beschädigen können.

Keramische Werkstatt Margarethenhöhe
Und der Aufstellungsort der Katzenpaare ist nicht rein zufällig: Im Haus Metzendorfstraße 89 (heute Wäscherei), gegenüber der Zufahrt zum Robert-Schmohl-Platz, befand sich bis zum Umzug zur Kokerei Zollverein im Jahr 1933 die „Keramische Werkstatt Margaretenhöhe“. Will Lammert baute die Töpferwerkstatt zusammen mit Hermann Kätelhön auf und leitete diese von 1924 bis 1926. Er hatte auch ein Bildhaueratelier in den Räumen, bis er dann im fertiggestellten Atelierhaus am Stillen Winkel ein Atelier mit Wohnung bezog.
Wie sehr die Familie des Künstlers hier auf der Margarethenhöhe verwurzelt war, beschreibt Sohn Ule Lammert im Ausstellungskatalog „Will Lammert in Essen“: „…Neben all dem geschäftlichen Tun blieb aber wohl auch viel Zeit zum Feiern…Jeder Anlaß wurde genutzt: Fasching, Bauabschluß bei einem Mäzen oder jeder andere Anlaß in- und außerhalb der Kolonie. Für uns Kinder waren die Umzüge das Schönste. Dann waren wir im Mittelpunkt. Verkleidet zogen wir lärmend durch die Margarethenhöhe zu Bauer Barkhoff in die Gaststätte. Für ihn hatte der Vater einen Ofen aus Keramik mit einem Affen gemacht, so daß man wohl Kredit hatte…Im Atelierhaus…war immer etwas los…Alle Ateliers hatten Türen in den gemeinsamen Garten, so daß man schnell mal den einen oderen anderen besuchen konnte, sei es Lewy mit seinen Öfen und den geordneten schönen, farbigen Mosaiksteinen, Theo Ortmann oder die jungen Bildhauerinnen, meist ehemalige Schülerinnen aus der keramischen Werkstatt…“


Kurzer Lebenslauf
Will Lammert, 1892 in Hagen geboren, kam nach Ausbildung und Studien nach dem Tod von Karl Ernst Osthaus im Jahr 1922 nach Essen. Seit 1918 verheiratet, wohnte er mit seiner Frau Hedwig (Hette) geb. Mayerbach – die dann als Ärztin hier auf der Margarethenhöhe Im Stillen Winkel 52 praktizierte – zuerst in Rüttenscheid, bevor die Familie zur Sommerburgstraße umzog. 1928 übersiedelte er mit seiner Frau und zwei Söhnen in das Große Atelierhaus „Im Stillen Winkel 42 – 48“. Im Jahr 1932 lebte Lammert, nach dem Gewinn des Rom-Preises der Preußischen Akademie der Künste, für neun Monate in der Villa Massimi in Rom. Im gleichen Jahr trat er, unter den Eindrücken des Mussolini-Faschismus in Italien, in die KPD ein. Von den Nazionalsozialisten wegen „Hochverrats“ verfolgt, floh er 1933 über die Niederlande nach Paris und von dort aus 1934 in die Sowjetunion. Seine als „entartet“ eingestuften Kunstwerke wurden systematisch zerstört. Nach dem Überfall Hitlers auf die UdSSR wurde er als Deutscher 1941 nach Kasan/Tartarei verbannt. Lammert konnte erst nach langen Bemühungen der Regierung der damaligen DDR im Jahr 1951 nach (Ost-)Berlin ausreisen. Er starb dort im Oktober 1957.
Lammert war, wie auch Georg Metzendorf, Mitglied in Deutschen Werkbund (dwb).



Rechts: Weiblicher und männlicher Akt 1931/32; von den Nazis zerstört. Foto: Wikimedia Commons.

1931
Essener Bildhauer erhält den Rom-Preis.
Der diesjährige Rom-Preis des preußischen Staates, der einem Künstler drei Vierteljahre freien Aufenthalt und freies Atelier in der Villa Massimi in Rom gewährt, ist an den Bildhauer Will Lammert, Essen-Margaretenhöhe, verliehen. W. Lammert ist ein gebürtiger Hagener und gehörte schon früh dem Künstlerkreis um Karl Ernst Osthaus an. Von Osthaus hat er wesentliche Förderung in seinem Schaffen erfahren. Mit der Übersiedelung des Folkwangmuseums nach Essen verlegte auch Lammert seinen Wohnsitz nach Essen und siedelte sich auf der Margarethenhöhe an. Die Stadt Essen verdankt Lammert eine große Reihe von Kunstwerken.
Sehr interessanter Artikel über den Bildhauer Will Lammert, „Vater“ der Katzen vom Robert-Schmohl-Platz.