Die Hebammen auf der Höhe

Die Hebammen auf der Höhe

10. Juli 2020 1 Von Sonja Mersch

Frauen brauchen Hebammen: Nach dem positiven Schwangerschaftstest. Während der neun Monate, in der sie sich möglichst unbeschwert auf ihr Baby freuen wollen. Bei der Geburt. Und natürlich auch in der Zeit danach, wenn das neue Baby in der Familie ankommt und die ganze Welt auf den Kopf stellt. Auf der Margarethenhöhe gibt es schon seit acht Jahren eine Hebammenpraxis an der Sommerburgstraße 16a – auf der Rückseite der Polizeiwache. Durch einen wunderschönen Blumengarten gelangt man in das Haus, in dem mittlerweile drei Hebammen Kurse geben und Frauen vor und nach der Geburt ihrer Babys betreuen: Tanja Schulte-Kremer, Christina Daxberger und Maria Schulz.

Tanja Schulte-Kremer hat früher als Arzthelferin und OP-Schwester gearbeitet, „aber irgendwann habe ich gemerkt: das ist es nicht“, sagt sie. Die Geburt ihres ersten Sohnes sei nicht ganz so schön verlaufen: „Mir fehlte die Unterstützung“, erzählt sie. Schwangerschaft und Geburt seien fortan „ihr Thema“ gewesen, immer mit dem Gedanken: Man müsste etwas anders machen. Hebamme werden – das schien ihr immer verlockender. Und so schloss sie 2005 ihre Ausbildung ab und wurde Hebamme im Essener Elisabeth-Krankenhaus.

Eigene Räume auf der Margarethenhöhe

„Dort habe ich Christina Daxberger kennengelernt“, erzählt die 46-Jährige, mittlerweile Mutter von zwei Kindern. „Wir hatten viele Dienste zusammen und fanden schnell eine gemeinsame Linie. Das harmonierte einfach gut zwischen uns.“ So sei irgendwann die Vision entstanden, Räume für eine gemeinsame Hebammenpraxis anzumieten. Auf der Margarethenhöhe sollte dieser Traum 2012 Wirklichkeit werden. „Das ist ein schönes Einzugsgebiet, wir lieben die Arbeit hier“, sagt Tanja Schulte-Kremer, die auch selbst auf der Höhe wohnt.

Zwischen Kreißsaal und eigener Praxis

Ihre Stelle im Elisabeth-Krankenhaus hat sie nicht aufgegeben, sondern nur reduziert. In festen Diensten betreut sie dort nach wie vor Gebärende im Kreißsaal. „Mir ist die praktische Geburtshilfe nach wie vor wichtig“, sagt sie. „Das ist immer noch jedesmal ein großes Erlebnis für mich und natürlich für die werdenden Eltern.“ In der Hebammenpraxis auf der Margarethenhöhe bietet sie mit ihren beiden Kolleginnen – neben Christina Daxberger ist inzwischen auch Maria Schulz mit an Bord – die Vorsorge in der Schwangerschaft und die Nachsorge im Wochenbett an – und natürlich zahlreiche Kurse von der Geburtsvorbereitung über die Rückbildung bis hin zur Babymassage.

Hebamme frühzeitig anrufen

Maria Schulz ist 34 Jahre alt und ist seit zwölf Jahren Hebamme. „Nach dem Abitur wollte ich eigentlich Medizin studieren, hätte aber lange auf den Platz warten müssen“, erzählt die Mutter von drei Töchtern. „Also habe ich erst einmal die Hebammenausbildung angefangen und bin dabei geblieben. Der Bereich hatte mich schon immer interessiert.“ Zuerst habe sie, wie ihre Kolleginnen, im Elisabeth-Krankenhaus gearbeitet, inzwischen ist sie komplett freiberuflich bei den Hebammen auf der Höhe tätig – seit Anfang des Jahres als fester Teil des Teams.

Hilfe auch bei Fehlgeburt

„Die Nachfrage ist hoch – wir könnten sogar noch eine vierte Hebamme gebrauchen, wenn wir den Platz hätten“, sagt Tanja Schulte-Kremer. Viel zu oft müssten sie Frauen, die nach einer Betreuung in der Schwangerschaft fragten, ablehnen. „Frauen, die erstmal drei Monate abwarten und sich dann eine Hebamme suchen, sind meist schon zu spät dran“, erklärt sie. Besser sei in jedem Fall, gleich nach dem positiven Schwangerschaftstest zum Telefon zu greifen. Wenn die Schwangerschaft noch vor der zwölften Woche in einer Fehlgeburt ende, hätten die Frauen ohnehin Anspruch auf eine Hebamme – das sei vielen gar nicht bewusst, und mancher Frau täte ein Gespräch dann ziemlich gut, sagen die Hebammen aus Erfahrung.

Vorsorge und Nachsorge

Dass eine Hebamme die komplette Vorsorge in der Schwangerschaft – mit Ausnahme der drei Ultraschalluntersuchungen – übernehmen kann: Auch das wissen längst nicht alle Frauen. „Wir nehmen Blut ab, hören die kindlichen Herztöne und haben auch ein CTG in der Praxis“, betont Tanja Schulte-Kremer. Mit dem CTG-Gerät lassen sich Wehen und kindliche Herztöne messen und zueinander ins Verhältnis setzen. Für die Nachsorge im Wochenbett besuchen die Hebammen die frisch gebackenen Mütter in deren Zuhause. „Wir betreuen Frauen auf der Margarethenhöhe und in den umliegenden Stadtteilen wie Holsterhausen, Frohnhausen, Rüttenscheid, Bredeney oder Haarzopf“, sagt Tanja Schulte-Kremer. Auch in Mülheim rund ums Rhein-Ruhr-Zentrum sowie in und um Burgaltendorf, wo Christina Daxberger wohnt, können Frauen auf die Betreuung der Hebammen von der Höhe zählen.

Vorbereitung auf Geburt und Wochenbett

Bei der Geburt selbst begleiten die Hebammen auf der Höhe ihre Frauen nicht. „Es wäre es sehr schwierig, dabei kostendeckend zu arbeiten“, erklären sie. Allein die jährliche Haftpflichtversicherung sei immens hoch. Dennoch versuchen die drei Hebammen, die Schwangeren und ihre Partner bestmöglich auf die Geburt ihrer Babys einzustimmen: in kleinen Kursen in familiärem Rahmen. „Wir wollen Ängste nehmen und die Paare realistisch vorbereiten“, sagt Maria Schulz. Ihre Kollegin ergänzt: „Viele Frauen möchten über die Abläufe gut informiert sein und wissen, was mit ihrem Körper während der Geburt geschieht. Wir sprechen auch über die Zeit danach, wie organisiert man sich im Wochenbett – oft fehlt ja heute die große Familie drumherum, die mithilft.“

Kurse für Mütter und Babys

Ist das Baby dann auf der Welt, können die jungen Mütter zur Rückbildungsgymnastik in die Praxis kommen oder lernen, wie sie ihrem Baby mit Massage etwas Gutes tun können. Schwierig sei es während der Corona-Zeit gewesen, berichten die Hebammen: Viele Kurse hätten zuerst gar nicht mehr stattfinden dürfen. „Manches haben wir dann online angeboten“, sagt Maria Schulz. Mittlerweile laufen viele Kurse wieder, allerdings mit weniger Teilnehmern und Abstandsregelung. „Wir hoffen, dass wir ab Herbst wieder alle Kurse ganz normal anbieten können“, sagt Tanja Schulte-Kremer. Die Praxis sei durch Corona glücklicherweise nicht in ihrer Existenz bedroht, dennoch sei alles mit persönlichem Kontakt viel schöner: „Wir sind hochmotiviert, weiterzumachen.“

Praxis möchte sich vergrößern

Sogar eine Vergrößerung ihres Angebots auf der Margarethenhöhe wünschen sich die drei Hebammen. „Es wäre schön, wenn die Mütter nach den Kursen noch in Ruhe ihre Babys in der Praxis stillen und sich miteinander austauschen könnten“, sagt Tanja Schulte-Kremer. Ein Aufenthaltsraum und eine kleine Küche wären daher nicht schlecht. Kontakt zur Margarethe Krupp-Stiftung habe man bereits aufgenommen – nun müsse man abwarten, ob sich Möglichkeiten finden. Jochen Biefang von der MKS sagt dazu: „Den Wunsch der Hebammenpraxis, sich zu vergrößern, möchten wir gerne unterstützen.“ Konkrete Pläne gebe es aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht.

Die Räume und ihre Geschichte

Über die Räume der Hebammenpraxis kann Jochen Biefang übrigens einiges erzählen: „Bis 1958 gehörte die Fläche im Erdgeschoss fast komplett zur Polizei – inklusive zwei Haftzellen im Keller.“ Nur das Einwohnermeldeamt war noch vom Haupteingang aus vorne links untergebracht. „Als das Amt dort rausging, übernahm die Polizei die Fläche als Büro und gab die hinteren Räume auf“, erzählt Jochen Biefang weiter. Im Oktober 1958 zog dort eine Zahnarztpraxis ein und blieb 20 Jahre lang. Danach sei die Rückseite der Polizeiwache dann für wechselnde Firmenbüros genutzt worden – bis 2012 schließlich die Hebammen ihre Praxis bekamen. Jochen Biefang: „Ich wusste, dass das ein Traum unserer Mieterin Frau Schulte-Kremer war, und das zusätzliche Angebot für junge Familien mit Kindern passt gut auf die Margarethenhöhe.“ Nach der Sanierung der Räume – unter anderem wurde eine tragende Wand entfernt – entstand 2012 der große Kursraum, den die Hebammen nun seit acht Jahren für Geburtsvorbereitung, Rückbildung oder Babymassage nutzen.

Kontakt

Wer Kontakt zu den Hebammen auf der Höhe aufnehmen möchte, kann sich per Email bei ihnen melden. Hier findet ihr außerdem einen Link zum Kursplan auf der Internetseite der Hebammen auf der Höhe. Dort stehen jeweils auch direkte Ansprechpartnerinnen für eventuelle Fragen.

Christina Daxberger, Maria Schulz und Tanja Schulte-Kremer haben uns ein Teamfoto zur Verfügung gestellt.

Alle anderen Fotos: Tanja Wuschof